Die Bundesrepublik Deutschland in naher Zukunft: das gesamte Leben steht im Zeichen des Klima- und Gesundheitsschutzes. Jedem Bürger wird bei Geburt eine bestimmte Menge an Kohlendioxidemissionen zugeteilt. Je nach Lebensweise wie durch Abzüge fürs Heizen oder Reisen ist das Budget spätestens mit 65 Jahren erreicht. Wer auf den maschinenlosen Feldern Landarbeit verrichtet oder „stromradelt“, kann sich etwas Budget dazu verdienen. Doch Bargeld ist abgeschafft, die Grenzen sind dicht, eine Industrie besteht nicht mehr, Tourismus und individueller Verkehr sind Fremdworte, tradierte Modelle des Zusammenlebens wie die Einzelehe werden zugunsten eines staatlich kontrollierten Zusammenlebens argwöhnisch beobachtet, der Bürger sieht sich einer lückenlosen elektronischen Überwachung ausgesetzt. Alles im Zeichen des Klimaschutzes sowie der Eindämmung eines ominösen Virus durch einen totalitären Staat im formaldemokratischen Gewand.
Nicht grundlos haben gesellschaftliche Dystopien derzeit Konjunktur. Die Krisen der Zeit werfen zwangsläufig eine Frage auf: wie wird es mittel- und langfristig weiter gehen? Unter sozialen, politischen, wirtschaftlichen und so weiter Aspekten? Die meisten dieser Texte sind mehr oder weniger den Phantasien der Autoren entsprungen. Sie lesen sich unterm Strich nicht bedrohlich, da sie erkennbar eine Fiktion sind. Bei Thomas Eisingers „Hinter der Zukunft“ ist es anders. Der Plot ist schnell erzählt. Der professionelle Gamer Robin Hochwaldt wird durch eine Fügung des Schicksals mit gerade einmal 18 Lebensjahren zum Bundeskanzler gewählt. Wem das eine zu gewagte Konstruktion ist, der sei an gegenwärtige Vertreter insbesondere von Grün und Rot erinnert, die es ohne jede Ausbildung an die Spitzen der bundesdeutschen Politik schafften. Hier löst er seine langjährige Vorgängerin ab, die der Leser schnell als Inkarnation von Angela Merkel begreift. In seiner neuen Funktion erfährt Hochwaldt immer mehr von der Realität hinter der medialen Darstellung eines Landes, das sich dem Kampf gegen den Klimawandel bis zur letzten Konsequenz verschreibt. Er sieht sich aber auch zunehmend als Ziel von Angriffen mit dem Ziel, den politischen Betriebsunfall zu beheben. Nichts Neues unter der Sonne und Donald Trump läßt grüßen.
Der Autor verknüpft viele akute Bedrohungen von heute wie die Bargeldabschaffung, die ungehemmte Digitalisierung, die Klimadiktatur und die Medienmanipulation in vielen kleinen wie stimmigen Details zu einem Szenario. Darüber hinaus aber beschreibt er die letzten Konsequenzen daraus. Welches Menschenbild ergibt sich früher oder später zwangsläufig, wenn man Menschen von Geburt an primär als Klimabedrohung begreift? So, wie es bereits heute von interessierter Seite per Medien gepredigt wird? Oder schlimmer noch, beginnend in Arbeitsverträgen wie die beim nahen Fußballzweitligisten VfL Osnabrück auftauchen? Und noch einen Schritt weiter: Was passiert dann, nach Ablauf des Budgets, konkret mit den Alten, mit den unproduktiven und deshalb unnötigen Essern und Klimavergiftern? Der Autor geht diesen Gedankenweg bis zu Ende doch mehr lese man selbst. Mit dem Unterschied zu bekannten Mustern der Geschichte, dass die Menschen hier „freiwillig“ den „Guten Helfer“ tragen oder das „Große Geschenk“ leisten. Einmal mehr gehören Euphemismen zum Handwerkszeug der Diktatoren und Nudging, dieses natürlich nur zum Wohle der Bürger, ist längst im Maßnahmekatalog der Obrigkeit enthalten (hierunter fällt auch die „Freiwilligkeit“ der Coronaimpfung).
Zu den eben genannten Punkten kommt noch der einer ausgehöhlten, weitgehend formalen Demokratie. Es ist der bedenklichste Aspekt im Text: zu zeigen, wie hinter einer formaldemokratischen Fassade ein inhumanes Terrorregime, dem ein Menschenleben nichts wert ist, installiert werden kann. Wahlen gibt es noch doch bereits der Wahlkampf ist manipulativ geprägt. Nach der Wahl haben die Wähler erst recht nichts mehr zu sagen. Die Wahl von Robin Hochwaldt zum Bundeskanzler (korrekt formuliert, ist Hochwaldt der Spitzenkandidat der Partei, die überraschend die meisten Mandate gewinnt) gilt der Elite als Betriebsunfall, der korrigiert werden muß. Zuerst wird versucht, den neuen Kanzler einzubinden und durch einen luxuriösen Lebensstil, dieser im krassen Gegensatz zu dem entbehrungsreichen des einfachen Volkes, zu manipulieren. Als das nicht gelingt, beginnt das Intrigenspiel. Doch Robin Hochwaldt ist zwar jung, aber nicht dumm und er findet vertraute und überraschende Unterstützer. Am Ende trifft er, auch mit den Blick auf das Schicksal seines Großvaters, eine Entscheidung, die vieles offen läßt um dennoch leise Hoffnung zu geben. Bevor es soweit ist lernt der Leser auch, dass und wie der ex-Kanzlerin und ihrer Entourage wie der gesamten Elite die Unsinnigkeit der Klima- und Virusrettungserzählung bewusst sind und schlimmer noch, wie sie diese Narrative gezielt zur Unterdrückung der Bürger einsetzen.
Nach eigenem Bekunden hatte der Autor zunächst ein Sujet mit dem Schwerpunkt Klima im Blick. Das Coronageschehen setzte jedoch noch einen drauf; Thomas Eisinger arbeitete das Thema Gesundheitsdiktatur nachträglich in den bereits weit fortgeschrittenen Text ein. Als eine Bedrohung mehr der immer noch liberalen Gesellschaftsordnung. Die sich jedoch zunehmender Angriffe derer, die man im Dunkeln nicht sieht, erwehren muss. Politiker sind für diese nur noch Handlanger, die bei Bedarf austauschbar sind und die nach Ablauf ihrer Amtszeit mit gut dotierten Posten belohnt werden. Wenn sie spuren. Wenn nicht… Die Böcke sind schon heute oftmals die Gärtner und so gewinnt eine Äußerung in einer ahnungsvollen, heute im Netz kursierenden Rede des damaligen FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle im Mai 2011 akut an Bedeutung: Die Freiheit stirbt leise weil zentimeterweise und sie muss deshalb aktiv schon im Kleinen verteidigt werden. Die querdenkenden Coronakritiker haben es längst begriffen, um, im Interesse aller Menschen, vor der durch Thomas Eisinger skizzierten Zukunft zu bleiben. Es ist jedes Engagement wert.
Michael Heß
Thomas Eisinger
Hinter der Zukunft, Roman 2021, 552 Seiten
ISBN 978-3-96966861-0
Preis 18,90 Euro zzgl. Versandkosten
Eigenverlag, Bezugsquellen können im Internet recherchiert werden
P.S. Der nachfolgende Link führt zu einem rund achtzigminütigen Interview des Publizisten und Medienwissenschaftlers Professor Michael Meyen mit dem Buchautor.