Werte Leser,
der nachfolgende Bericht erreichte uns mit folgender Anmerkung:
„ … ich zögere etwas, meinen Bericht abzusenden – mach es gleich aber dennoch.
Der Grund meines Zögerns: Im Vergleich zu anderen hat das Corona-Regime mir und meiner Familie kaum Schaden zufügen können. Ich bin kein Opfer und sehe mich auch nicht so. Das, was ich erlebt habe, erscheint mir fast schon als banal. Aber entscheidet selbst, ob ihr meinen Bericht verwenden wollt oder nicht. Mein OK zur anonymen Veröffentlichung habt ihr.“
Ich bin sehr froh und dankbar, dass der Verfasser des Berichtes, sich dazu entschlossen hat, uns an seinen Beobachtungen und Gedanken teilhaben zu lassen, auch wenn er das Gefühl hat, Banalitäten erlebt zu haben, und sich nicht als „Opfer“ sieht und gesehen werden möchte. Wenn wir unsere Erlebnisse anderen Menschen mitteilen, sie gar in den öffentlichen Raum stellen, geben wir anderen die Möglichkeit, eine Meinung über unsere Erlebnisse und über uns zu bilden. Wir stellen uns Fragen: Wie werden unsere Erlebnisse wahrgenommen? Wie werden wir wahrgenommen? Wir sollten darüber nur eines nicht vergessen, die ad hoc Grund- und Freiheitseinschränkungen unter dem Corona-Regime waren die bisher umfassendsten in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Wie schwer die Belastungen für uns persönlich und für andere waren und vielleicht immer noch sind, können wir nur herausfinden, indem wir unsere eigenen Erlebnisse und die Erlebnisse anderer reflektieren und interpretieren.
Ich lese zum Beispiel im nachfolgenden Bericht: „Und nicht zuletzt Freunde, die plötzlich den Kontakt mieden, weil man ungeimpft war“. Diesen Satz habe ich von vielen Menschen gehört und ich kenne den genannten Umstand aus persönlicher Erfahrung. Das bezeugt einen wichtigen Aspekt über das Wesen des Corona-Regimes: Das Regime teilte Menschen in geimpfte und ungeimpfte ein. Ungeimpfte wurden zur Gefahr für andere erklärt und durch staatliche Verordnungen und staatliche Organe wie die Polizei oder das Ordnungsamt diskriminiert. Die Gerichte boten keinen Schutz gegen die Diskriminierung, sondern erwiesen sich überwiegend als regimetreu und verließen sich auf die Hypothesen und Prognosen staatlicher Institutionen ohne empirische Evidenz einzufordern. Als Folge wurden Ungeimpfte ausgegrenzt und vom sozialen Leben ausgeschlossen. Das geschah auch hier in Münster und im Münsterland. Ob die staatliche Diskriminierung tatsächlich gerechtfertigt war, ist eine Kernfrage bei der Bewertung des Corona-Regimes. Freundschaftliche Beziehungen sind ohne Zweifel wichtig und sie gehören zu unseren Grund- und Freiheitsrechten. Die Beschneidung dieser Beziehungen als Konsequenz staatlicher Diskriminierung bedarf meines Erachtens einer Rechtfertigung vor dem Volk und seinen Erlebnissen und Erfahrungen, auch im Nachhinein.
Ich frage Geimpfte und Ungeimpfte: Wollen wir in so einem Regime leben? Einem Regime, das darüber bestimmt, mit wem wir Kontakt haben und mit wem nicht. Das von uns verlangt, einen Arbeitskollegen, einen Mitschüler, einen Freund, ein Familienmitglied vor die Tür zu setzen, weil er ein Ungeimpfter ist. Wollen wir die gesellschaftliche Teilhabe an eine medizinische Entscheidung knüpfen, deren Konsequenzen niemand, auch kein Rocket-Science Guru, sicher und seriös voraussagen kann? Wollen wir, dass diese Art der staatlichen Diskriminierung gerechtfertigt durch reine Hypothesen und Prognosen und teils wildeste Spekulationen weiter Einzug hält in unser Leben?
Ich bin überzeugt, der Schlüssel zum Verständnis gesellschaftlicher Entwicklungen liegt in unseren Erlebnissen und Erfahrungen und sie sind auch der Schlüssel, um die gesellschaftlichen Entwicklungen in eine vernünftige und gute Richtung zu lenken. Ich bin daher sehr froh und dankbar, dass es Menschen wie den Verfasser dieses Berichtes bei uns im Münsterland gibt, die den Mut und die Kraft haben, ihre persönliche Sicht und Erfahrung darzulegen und für diese engagiert gegen einen kollektiven Strom einzutreten.
Herzliche Grüße,
Dr. Matthias Hartermann
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Ländliches Sittenbild: Rückblick auf den Covidismus im Münsterland
War es im Münsterland eigentlich so viel anders als anderswo in Deutschland? Gewiss, man hat auch hier so manches erlebt – doch das alles hätte sich auch in einer beliebigen anderen Region zutragen können. Oder?
Es gab Ärzte, die Patienten regelrecht zur Impfung nötigen wollten. Und es gab Ärzte, die selbstlos an sonst praxisfreien Samstagen die Kinder-Impfung anboten – und damit unter dem Deckmantel des Engagements für das Gemeinwohl einen schönen Extra-Reibach einfuhren.
Zu erwähnen sind auch die Pflegeheime in der Region, die den Zugang zu Betreuten strenger kontrollierten als die Wachmannschaft den Besucherverkehr in einem Hochsicherheitsgefängnis. Und nicht zuletzt Freunde, die plötzlich den Kontakt mieden, weil man ungeimpft war und ungeimpft zu bleiben gedachte – wobei nicht immer klar war, ob sie das Virus fürchteten oder die Ansteckungsgefahr des Gedankens.
Es gab in der Nähe von Münster den alternativen Gastronomiebetrieb, in dem man angeraunzt wurde, wenn man sich ohne Maske – unter freiem Himmel wohlgemerkt – über das Gelände bewegte. Bemerkenswert auch ein weiterer Gastronomiebetrieb am Fuß der Baumberge, der bereits vor der offiziellen 2G-Regelung stolz sein 2G-Reglement verkündete und auf Nachfrage angab, dass auch die gesamte Belegschaft sich damit sicher und wohl fühle.
Unvergessen die Leute, die einander im Supermarkt – gedämpft durch die Maske, aber immer noch laut genug – voller Stolz versicherten, dass die ganze Familie selbstverständlich schon geimpft sei, man sei ja solidarisch (das auch noch zu einer Zeit, in der die Behauptung eines Fremd- und Eigenschutzes längst erste Risse bekommen hatte). Bei den meisten dieser solidarisch Geimpften war es freilich einfach nur so, dass sie sich den Zugang zu gewissen Aktivitäten erkaufen wollten, für die der Impfnachweis erforderlich war. Auffällig war lange Zeit der häufige Gebrauch bzw. Missbrauch des Wortes Solidarität, um bei anderen ein schlechtes Gewissen zu erzeugen und Druck aufzubauen. Das funktionierte aber im Lauf der Zeit immer weniger, weil die inflationäre Anwendung eines Wortes dazu führt, dass man irgendwann darüber hinweghört.
Manch einer wedelte seinem Gegenüber ungefragt mit seinem Impfnachweis vor der Nase herum wie seine Groß- oder Urgroßeltern es dereinst mit dem Ariernachweis getan haben mochten – in froher Erwartung, dass man sich nun im Gegenzug auch von der amtlich bescheinigten vollständigen Impfung und Unbedenklichkeit des anderen überzeugen durfte. Blieb dies aus, führte es zu misstrauischen Nachfragen. Zahlreiche Unternehmen ersetzten die potenziell infektiösen persönlichen Begegnungen durch Videokonferenzen – oft zusätzlich aus der sicheren Deckung des Homeoffice heraus, sodass man unfreiwillig Zeuge häuslicher Einrichtungskatastrophen wurde.
Es gab ein Weihnachtsfest, bei dem familiäre Zusammenkünfte einen geradezu subversiven Charakter annahmen – Besucherautos wurden sicherheitshalber ums Eck geparkt, man verließ das Haus nur in kleinen Gruppen (gut, das war wohl eher ein Indianerspiel, das allen Beteiligten eine gewisse Freude bereitet hat). Aber es gab auch die Silvesterparty, bei der ein um seinen Beamtenstatus besorgter Gastgeber die einzige Ungeimpfte kurzerhand wieder auslud. Zeigten die anderen Gäste sich bestürzt, blieben gar selbst aus Protest der Feier fern? Nein, all das war ja schließlich normal, mehr noch: korrekt. Man feiert fröhlich und wer durchs Raster fällt, ist halt draußen und selbst schuld. Man hätte sich ja impfen lassen können. Belassen wir es bei diesen wenigen Beispielen – im Westen nichts Neues.
Vieles davon wirkt im Rückblick schon fast als Bereicherung des persönlichen Anekdotenschatzes. Andere Menschen haben weitaus Schlimmeres erlebt, mussten mit ansehen, wie die Kinder in Kita und Schule drangsaliert wurden, haben ihren Job oder ihre wirtschaftliche Existenz verloren, wurden am Arbeitsplatz gemobbt, mussten darum kämpfen, schwer erkrankten Angehörigen im Krankenhaus oder Pflegeeinrichtungen nahe sein zu dürfen, erlitten schwere Nebenwirkungen der Impfung.
All diese Ereignisse, Zumutungen und Begebenheiten schärften den Blick für das Menschliche wie auch für das Unmenschliche und trugen so zur Klärung persönlicher Beziehungen bei. Man erkannte plötzlich, dass einem langjährigen Freund die Einhaltung von Regeln wichtiger war als das Zusammensein. Doch auch das Umgekehrte geschah: Man fand dort neue Freunde, wo man sie vielleicht niemals gesucht hätte.
Was mich erschüttert hat, war die jähe Duldungsstarre, die übersteigerte Anpassungsbereitschaft, die so viele Menschen befallen hat: Sie empfingen – fast so, als hätte man ihnen bereits einer jener gefürchteten Chips ins Hirn implantiert – Befehle, die sie, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, umzusetzen bereit waren. Kein Gedanke daran, dass es sich vielleicht auch anders verhalten könnte als von Politik und Medien behauptet, kein Nachfragen, kein Innehalten, kein Stutzen. Stattdessen stures, blindes Weitermachen, besinnungslos wirkendes Umsetzen von Regeln, begleitet von neuartigen Ritualen wie der in jeder Hinsicht vielsagenden Begrüßung per Faust und Ellenbogen oder später dann der lässig am Arm getragenen Maske (“Seid allzeit bereit!”).
Unter all diesen gedankenlosen Mitmachern waren übrigens auffällig viele, die sich als weltoffene, aufgeklärte Liberale gaben, als kritische Freigeister und geistig unabhängige Köpfe. Man war und blieb links, grün und moralisch besser als der Rest. In Corona-Zeiten erwiesen sich ausgerechnet diese besonders vorbildlichen Zeitgenossen oft als extrem kleingeistig, engstirnig und vernagelt. Man konnte in verblüffender Klarheit erkennen, warum und wie Diktaturen funktionieren.
Doch was machte diese Menschen im Handumdrehen oft zu seelenlos wirkenden Automaten? War es nur der Wunsch, dazuzugehören? War es der Glaube, das Richtige und Vernünftige, das einzig Gebotene zu tun? War es das berauschende Gefühl, über andere Macht ausüben zu können? Oder war es die schiere Angst? Angst vor dem Virus – und vor den Folgen des Nichtmitmachens?
Ich las vor einigen Monaten von einer Untersuchung, dass maximal 20 % der Menschen von ihrer psychischen Verfassung her überhaupt in der Lage seien, sich Anordnungen von oben zu widersetzen. Der überwiegende Teil kann das gar nicht, ist dazu überhaupt nicht in der Lage.
Die hieraus resultierende Impf- und Maskenfrömmigkeit ist im Kern religiös: Man glaubt bedingungslos, man folgt der Herde der anderen Gläubigen, beteiligt sich am Kult und an den Ritualen, vertraut der Priesterschaft, verfolgt mit fast schon bösartiger Lust Andersdenkende, wünscht sie zur Hölle. Natürlich gibt man all das unter keinen Umständen zu, Gott bewahre: “Trust the Science!” wird umso lauter verkündet, je mehr man den Boden der Wissenschaftlichkeit verlässt.
Das Münsterland galt einst als Hort eines strengen Katholizismus – man war hier schon immer ein wenig frömmer als die Schäfchen in anderen Regionen, auch ein wenig dämonengläubiger. Denn gerade dort, wo man dem Guten so nah ist, lauert sprungbereit auch das Böse. Vielleicht liegt hierin mit Blick auf das Corona-Regime das spezifisch Münsterländische: Man ist auch in dieser Sache fromm bis zur Tatsachenblindheit (und fürchtet die Aufklärung wie der Teufel das Weihwasser). So konnte bereits im Oktober 2021 Antenne Münster froh verkünden, dass Münster mit 82 % eine extrem hohe Impfquote habe.