Werte Leser,
vor einigen Wochen hatte ich ein Gespräch mit einem großen deutschen Unternehmen, das staatliche Organisationen im Bereich Innovationen berät. Die Berater sprachen über soziale Innovationen. Unter sozialen Innovationen kann man Vieles verstehen. „Sozial“ ist ein Begriff, der im Politischen und in öffentlichen Projekten und Organisationen häufig verwendet wird, da er zum einen positiv in unserer Gesellschaft besetzt ist und zum anderen generisch genug, um ihn mit allen möglichen Inhalten zu füllen. Soweit ist es also nicht ungewöhnlich, dass staatliche Innovationen grundsätzlich als sozial verkauft werden. Interessant wurde das Gespräch, als die Berater auf soziale Produkte zu sprechen kamen, die sich auf dem freien Markt nicht durchsetzen, weil sie keiner kaufen möchte, diese dann aber durch staatliche Macht in den Markt gepresst werden.
Die mRNA-basierte Profilaxe ist ohne Zweifel ein solches soziales Produkt. Ohne die massiven Eingriffe des Staates auf allen Ebenen der Unternehmung mit seiner autoritären Macht und seiner Finanzkraft wäre die mRNA-Impfung ein Ladenhüter geblieben. Ohne die Berichterstattung in den staatsnahen Medien, ohne die diskriminierenden Regelungen wie 2G und 3G, ohne die steuerfinanzierte Bereitstellung, die finanziellen Anreize und die Verächtlichmachung von Alternativen hätte das Produkt niemals in diesen Massen seinen Weg in die Körper der Menschen gefunden. Das ist sicher. Warum sonst hätte es dieser massiven Eingriffe des Staates bedurft, um den Wirkstoff in die Menschen zu bringen? Viele Unternehmen und Kapitalgeber bedanken sich ganz herzlich für die Unterstützung beim Verkauf ihrer bisher kaum marktfähigen Produkte.
Nun ist das ersteinmal Geschichte. Wie aber sieht die Zukunft aus?
In den Corona-Jahren ist die Staatsquote in Deutschland sprunghaft angestiegen. Die staatlichen Ausgaben betragen derzeit etwa 50% des Bruttoinlandsproduktes in Deutschland. Mit den bereits begonnenen und angekündigten staatlichen Großprojekten zur Digitalisierung, zur Energie und zur Mobilität will sich der Staat weitere Märkte erschließen. Darüber hinaus lenken immer neue Gesetze, Verordnungen und Richtlinien viele weitere wirtschaftlichen Aktivitäten. Insbesondere in den Corona-Jahren hat der Staat die bereits vorhandene Entwicklungstendenz hin zu einem sozialistischen, paternalistischen und autoritären Staat weiter intensiviert, in dessen Fahrwasser einige Unternehmen gerne mitschwimmen, um auf diese Weise ihre sozialen Produkte an den Mann zu bringen und lukrative Zusatzgewinne einzustreichen. Auch die Maskenhersteller lassen grüßen. Dass viele Großunternehmen wiederum Einfluss auf staatliche Entscheidungen zu ihren Gunsten nehmen, ist ohne Zweifel gängige Praxis in Deutschland genauso wie in anderen Ländern. Der freie Wettbewerbsmarkt, auf dem sich Anbieter und Nachfrager auf Augenhöhe treffen und zum gegenseitigen Nutzen Waren und Dienstleistungen freiwillig austauschen, ist sowohl als normative Idee als auch in der praktischen Umsetzung auf dem Rückzug. Für die Bürger bedeutet diese Entwicklung mit Sicherheit immer weniger Entscheidungsfreiheit.
In der Stadt Münster lässt sich dieser Trend an vielen Stellen beobachten — nicht ungewöhnlich für eine Stadt, deren Wohlstand zu einem ganz wesentlichen Teil auf Geldern der öffentlichen Hand beruht.
Aktuelles Beispiel: Die Mehrheit im Stadtrat Münster möchte die Bürger gerne dazu bringen, die Busse der Stadtwerke Münster zu nutzen. Die Stadtwerke Münster sind ein öffentlicher Betrieb, der zu 100% der Stadt Münster gehört. Um dieses Ziel zu erreichen, beschloss der Stadtrat mit der Einführung des 29-Euro-Tickets eine erhebliche Vergünstigung für die regelmäßige Nutzung der Busse in Münster, die über staatliche Subventionen finanziert werden soll. Ein wesentlicher Teil dieser Subventionen soll über eine drastische Erhöhung der Anwohnerparkgebühren in Münster um mehr als 2000% eingenommen werden. Die wohnhaften Bürger sollen per Verordnung also dazu gedrängt werden, ihre Autos und damit einen Teil ihrer individuellen Mobilität und Freiheit aufzugeben. Was bekommen die Bürger in Münster als Gegenleistung vom Staat: Vergünstigte, aber sehr unvollkommene Substitute, nämlich den Bus in Münster und Umgebung und die Bahn, wenn es denn mal weitergehen soll oder muss. Die Freiheit und die Möglichkeiten, die das eigene Auto gegenüber dem Bus oder der Bahn bietet, sind ohne Zweifel bei vielen Bürgern hoch angesehen. Wer würde denn schon tausende von Euros für ein Auto ausgeben, wenn es ihm nicht wichtig wäre und einen erheblichen Zusatznutzen stiften würde? Wer sich um Kinder und alte Menschen kümmert, wer für seine Arbeit pendelt, wer schwere Dinge transportiert, wer eine Immunschwäche hat oder aufgrund anderer körperlicher oder psychischer Erkrankungen eingeschränkt in seiner Mobilität ist, weiß das eigene Auto mit Sicherheit sehr zu schätzen. Sind das alles reiche Menschen, die sich die Erhöhung der Anwohnerparkgebühren locker leisten können? Zumindest eine soziale Staffelung der geplanten Anwohnerparkgebühren hätte man, besonders in Zeiten, in der die Inflation gerade untere Einkommen überproportional stark belastet, doch von der Stadt-Münster erwarten können. Oder? Aber möglicherweise täusche ich mich auch in der Einschätzung der Stoßrichtung der staatlichen Maßnahme der Stadt Münster. Vielleicht geht es der Stadt Münster darum, mehr Geld einzunehmen. Und das, was als soziale Verkehrswende verkauft wird, ist in diesem Fall nur eine inhaltsleere, aber werbewirksame Etikettierung. Möglicherweise spekuliert die Stadt, dass für die Anwohner das Auto so wichtig ist, dass sie trotz der höheren Gebühren nicht darauf verzichten wollen oder können. Mehr Geld für Staatskonsum. Mehr Staatsquote. Mehr Staat. Weniger Freiheit für den Bürger.
Anderes Beispiel: Auf dem Schulhof der Grundschule meiner Söhne in der Innenstadt von Münster wird gebaut. Seit über zwei Jahren ist der Schulbetrieb durch die Baumaßnahmen erheblich eingeschränkt. Lärm- und Staubbelastung, Voll- und Teilsperrung des Schulhofes und regelmäßiger Unterrichtsausfall sind die Konsequenzen der Baumaßnahmen. Tatsache ist, der Bauträger hat den angekündigten Zeitplan für die Baumaßnahmen um mehr als ein ganzes Jahr überschritten. In Zeiten, in denen bereits Kleinkinder gewöhnlich mehr als 40 Stunden pro Woche in staatlichen Einrichtungen verbringen, staatlichen Pädagogen und Betreuern, staatlichen Regeln, staatlichem Essen und staatlichen Ansichten ausgesetzt sind, ist es unausweichlich, wenn diese Kinder auch staatlichem Unvermögen ausgesetzt sind, wie in dem geschilderten Fall der baulichen Verzögerung. Stellen Sie sich die Situation in dieser Schule vor nicht allzu langer Zeit vor: Grundschulkinder, 40 Stunden jede Woche, zur Begrüßung ein Corona-Test, Maskenzwang, kein Schulhof, kaum Spielmöglichkeiten, Lärm und Gestank. Das war und ist immer noch teilweise die Situation für Kinder in einer Grundschule in der Innenstadt von Münster. Ich denke, es besteht kein Zweifel, dass der Zugriff des Staates auf unsere Kinder und unsere familiären Lebensentwürfe massiv zugenommen hat. Verkauft wird das vom Staat als sozial. im Ergebnis ist das eine Ausweitung der staatlichen Einflussnahme auf familiäre Bindungen. Es sind sozialistische Strukturen, die sich immer mehr Raum verschaffen, bis hinein in unsere intimsten Beziehungen. In meinen Augen ein sehr bedenklicher Trend, der sich in der Corona-Zeit und durch die Corona-Maßnahmen weiter beschleunigt hat: Ziehen Sie dem Kind eine Maske auf! Geben Sie ihr Kind am Eingang ab! Betreten Sie die Einrichtung nicht! Bei Zuwiderhandlung wird ein Bußgeld und gegebenenfalls eine Strafanzeige wegen Gefährdung der Gesundheit Dritter fällig! Ansonsten hatte die Schulleitung wenig zu sagen, außer noch einige sporadische Parolen zu der Verzögerung der Baumaßnahmen: Haben Sie Verständnis! Wir schaffen das schon! Freuen Sie sich auf die zukünftigen Verbesserungen, die Ihnen der Staat bieten wird!
Auf meine Nachfrage bei der Stadt Münster zu den Verzögerungen der Baumaßnahmen stellte mir das Amt für Immobilienmanagement eine Gegenfrage, anstatt angemessen zu antworten: Warum wollen sie das wissen? Meine Antwort auf diese Gegenfrage war:
Sehr geehrte Frau […],
[…]
Sie fragen nach dem Motiv meiner Anfrage.
Meine Wahrnehmung ist, dass gesellschaftliche Risiken von der Politik und der öffentlichen Verwaltung in einem hohen Maße auf unsere Kinder abgewälzt werden. Das passiert zum einen verschleiert (Staatsschulden, Inflation, Umwelt) und zum anderen unmittelbar (Flüchtlingsaufnahme, Schulschließung, Maskenzwang).
Auch in der Sache Bau in der […]schule ist evident, dass Risiken auf unsere Kinder abgewälzt werden. Vornehmlich erleiden die Kinder der […]schule einen erheblichen Nutzenverlust durch Lärmbelastung und eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten in der Bauzeit. Mein Sohn und seine Mitschüler haben seit zwei Jahren keinen angemessenen Schulhof zur Verfügung, sondern spielen zwischen Bauzäunen auf kahlen und maroden Asphalt. Durch die erhebliche Verlängerung der Bauzeit wird der Nutzenverlust der Kinder von den Entscheidungsträgern billigend in Kauf genommen. Dabei sind die von Ihnen und Frau […] angeführten knappen Ressourcen gerade kein hinreichendes Argument für die Verlängerung der Bauzeit. Die Verlängerung ist vielmehr eine Folge der Prioritätensetzung der Entscheidungsträger. In diesem Fall offensichtlich gegen die Interessen unserer Kinder.
Als Vater, promovierter Volkswirt und politisch interessierter Mensch ist es mir ein Anliegen, dieser kinderunfreundlichen Politik nachzuspüren. Dazu gehört auch die Auseinandersetzung mit öffentlichen Bauvorhaben.
[…]
Mit freundlichen Grüße,
Matthias Hartermann
Nachdem der angekündigte Abschluss der Baumaßnahmen am Ende der kürzlich geendeten Sommerferien wieder nicht eingehalten wurde und das Amt für Immobilienmanagement auf meine Nachfragen mit generische Floskeln als Begründungen und den gleichen Durchhalteparolen wie die Schulleitung antwortete, schrieb ich folgende Mail, die ich auch an dieser Stelle festhalten möchte:
Sehr geehrte Frau […],
ich stelle fest, die Baumaßnahmen haben sich erheblich verzögert. Durch die Verzögerung kam es zu erheblichen zusätzlichen Einschränkungen des Schulbetriebes. Zusätzlich kam es zu weiteren Belastungen der Anwohner und vermutlich entstand ein zusätzlicher finanzieller Aufwand für die öffentliche Hand. Es besteht somit ein berechtigtes öffentliches Interesse, die genauen Gründe für diese Verzögerung zu erfahren. Zu meinen persönlichen Interessen habe ich Ihnen gegenüber bereits Stellung genommen.
Wir sprechen hier nicht um eine Verzögerung von ein paar Wochen, sondern um eine Verzögerung von über einem Jahr.
Ich habe kein Verständnis, dass Sie meinen Bitten nicht angemessen nachkommen, und mich weiter in Unwissenheit lassen und meine Suche nach Erklärung und Verantwortlichkeit blockieren wollen. Bisher bin ich davon ausgegangen, dass Sie die Interessen der Bürger vertreten und nicht die Interessen der Baufirmen. Ich bin verwundert.
Der Staat verlangt unseren Kindern eine Menge ab. Die Schulpflicht ist ohne Zweifel ein erheblicher Eingriff in die Freiheitsrechte unserer Kinder. Ich finde, es sollte in einer Demokratie selbstverständlich sein, dass der Staat sich als Gegenleistung bemüht, Kinder und Eltern respektvoll zu behandeln. Dazu gehört in meinen Augen auch, dass sich der Staat an seine angekündigten Pläne hält, sie nicht permanent auf Kosten der Kinder, Eltern und Lehrkräfte umwirft, und sie anschließend mit generischen Floskeln und blumig verpackter Autorität in der Unmündigkeit hält.
Sie sind sicher nicht für die Verzögerung verantwortlich, Ihre Kommunikation empfinde ich allerdings bisher als wenig respektvoll und hilfreich.
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Hartermann
Ich bin gespannt, wann die Stadt Münster dieses Projekt abschließt. Besonders eilig hat sie es meines Erachtens nicht damit. Eine Übernahme von Verantwortung ist bisher gegenüber mir und meinen Kindern als betroffene Bürger genauso wie gegenüber den anderen Familien nicht zu erkennen.
Haben Sie, Werte Leser, in letzter Zeit ähnliche Erfahrung mit der Stadt Münster gemacht? Oder mit anderen staatlichen Organisationen? Wurden Sie vom Staat schon einmal wie ein kleines, unmündiges Kind behandelt?
Vertrauen Sie dem Staat? Vertrauen Sie der Stadt Münster?
Ich kann nach eigenen Erfahrungen und Erlebnissen die Frage für mich mit einem klaren Nein beantworten und ich bin der festen Überzeugung, dass es richtig und im Sinne aller Bürger — selbst der Staatsbediensteten — ist, die staatlichen Aktivitäten stets zu hinterfragen.
Wie steht es mit Ihnen?
Sind Sie sicher, dass der Staat Ihren Interessen dient? Sind Sie sicher, dass der Staat die Antworten auf die Probleme unserer Zeit hat?
Haben Sie den Mut, sich diese Fragen zu stellen und nach Antworten zu suchen.
Denken Sie daran: Emanzipation wird nicht verliehen, sie muss genommen werden.
Herzliche Grüße,
Dr. Matthias Hartermann