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Winter 2021: Kein Weihnachtsmarkt für …

Werte Leser,

ab Herbst 2021 wurde Millionen von Menschen in Deutschland verboten, in Geschäften einzukaufen, in Cafés und Restaurants zu essen und zu trinken sowie an öffentlichen Veranstaltungen und Freizeitaktivitäten teilzunehmen. Das Kriterium für den Ausschluss war die Weigerung, sich ein neuartiges Medikament auf mRNA-Basis injizieren zu lassen. Diese diskriminierenden Maßnahmen firmierten als 2G-Regelungen und wurden überwiegend durch Verordnungen der Bundesländer geregelt. Einige Maßnahmen wurden aber auch auf kommunaler Ebene beschlossen.  

Durch die Allgemeinverfügung der Stadt Münster vom 19. November 2021 ergänzte Oberbürgermeister Markus Lewe zusammen mit dem Stadtrat Wolfgang Heuer und der Stadtverwaltung die Regelungen und grenzte tausende Bürger von den Weihnachtsmärkten in Münster aus. 

Was war die Begründung für die Ausgrenzung und die damit verbundene Stigmatisierung? Ein Blick in die Allgemeinverfügung der Stadt Münster, die hier eingesehen werden kann, bringt Klarheit.

Ich fasse den Kern der Verordnung so zusammen:

Ziel der Verordnung war, die Überlastung der Krankenhäuser im Kreis Münster und Umland zu verhindern. Erreicht werden sollte dieses Ziel dadurch, dass Menschen ohne mRNA-Behandlung und ohne Genesenen-Ausweis der Besuch der Weihnachtsmärkte verboten wurde. 

Die entscheidenden Passagen in der Begründungen der Verordnung lauten: 

1. „Die Inzidenzwerte im Regierungsbezirk Münster liegen teilweise weit über 100 und die Hos­pitalisierungsraten erreichen zum Teil den kritischen Schwellenwert. Nach dem Lagebericht (C38) vom 11.11.2021 der Bezirksregierung Münster liegt die Hos­pitalisierungsrate in Gelsenkirchen beispielsweise bei 15,07 % und im Kreis Warendorf bei 16,28 %.“

2. „Das RKI hat die Gefahr, dass sich nicht oder nur einmal Geimpfte mit dem Coronavirus anstecken wieder als ‚sehr hoch‘ eingestuft. Geimpfte und genesene Per­sonen haben nachweislich einen höheren Schutz vor schweren Krankheitsverläufen (Hospitalisierung) bei einer Infizierung mit dem Coronavirus. Außerdem ist es durch Zulassungsstudien bewiesen, dass die zur Anwen­dung kommenden Covid-19-Impfstoffe Infektionen mit dem Coronavirus im erheblichen Maße verhindern. Da­ neben ist auch die Virusausscheidung bei Personen, die trotz Impfung eine SARS-CoV-2-Infektion haben, kürzer als bei ungeimpften Personen. Damit sind vollständig geimpfte sowie genesene Personen am effektivsten vor dem Coronavirus geschützt und tragen daher nur uner­heblich zu einer Überlastung des Gesundheitssystems bei.“

Die Argumentation der offiziellen Begründung im Amtsblatt vor Augen, fallen mir drei Punkte auf, die meiner Erfahrung nach symptomatisch für die Argumentationsweise der Anhänger des Corona-Regimes in den vergangenen Jahren waren. 1. Direkte Evidenz wird nicht angeführt, 2. Vergleiche und Einordnungen werden nicht angeführt, 3. Grobe Einschätzungen weisungsgebundener Behörden werden angeführt. 4. Am Ende stehen vage Hypothesen und Prognosen zur Begründung weitreichender, grundrechtseinschränkender und diskriminierender Maßnahmen.

Wie überzeugend und glaubhaft ist die Argumentation der Stadt Münster? Genauer: 1. War es vernünftig, von einer drohenden Überlastung der Krankenhäuser im Kreis Münster und Umgebung auszugehen? 2. War es vernünftig, einen Zusammenhang zwischen der Überlastung der Krankenhäuser und dem Anteil und Verhalten von Menschen ohne mRNA-Behandlung herzustellen — insbesondere auch was deren Teilnahme am Weihnachtsmarkt anbelangt? 

Als kritischer und direkt betroffener Bürger frage ich Markus Lewe und den Stadtrat, wie ausgelastet die Krankenhäuser im Kreis Münster im Vergleich zu den Vorjahren waren und wie sich deren Auslastung im Vergleich entwickelte. Welche direkte Evidenz gab es für einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Auslastung und dem Anteil und dem Verhalten von Bürgern ohne mRNA-Behandlung im Kreis Münster? Und welche Bemühungen unternimmt die Stadt Münster, um die weitreichenden Grundrechtseinschränkungen im Nachhinein zu evaluieren? 

Ich war überrascht zu lesen, dass die Stadt Münster in ihren Allgemeinverfügungen die kritische Überprüfung und Beurteilung der Verordnung gleich selbst übernahm. So heißt es in der Allgemeinverfügung zum Ausschluss der mRNA-Unbehandelten von den Weihnachtsmärkten:

„Unter den zur Verfügung stehenden Schutzmaßnahmen ist die Anord­nung nach alledem geeignet, erforderlich und angemes­sen, um das Infektionsrisiko zu senken und der Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems vorzubeu­gen.“

Wozu braucht es da eigentlich noch Urteile eines Gerichts, wenn die Stadt Münster mit der gesamten staatlichen Exekutive und der Mehrheitsmeinung im Rücken schon das Urteil gefällt hat? Welcher Richter hat den Mut, in dieser Situation vernünftige Gegenargumente anzuhören, abzuwägen und sich gegen die Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte auszusprechen?  

Markus Lewe, der Stadtrat und die Stadtverwaltung haben nicht nur den Ausschluss tausender Bürger von den Weihnachtsmärkten 2021 zu verantworten, sondern auch die Maskenpflicht unter freiem Himmel im Innenstadtbereich. Wie das Ergebnis einer Evaluation einer solchen Maßnahme aussehen kann, zeigt die Stellungnahme des Sachverständigenausschuss nach § 5 Abs. 9 IFSG zur Evaluation der Rechtsgrundlagen und Maßnahmen der Pandemiepolitik vom 30.6.2022:

„Motivierende Botschaften und positive Beispiele sollten im Vordergrund der Kommunikationsmaßnahmen stehen. Sie zielen auf Bestärkung sowie Überzeugung durch Wissen ab und signalisieren Respekt und Wertschätzung. Dagegen erreichen negative Botschaften und Appelle oft nur kurzfristig den erwünschten Effekt. Sie erzeugen bei bestimmten Zielgruppen Rechtfertigungsdruck und können zu einer Abwehrhaltung sowie Glaubwürdigkeitsverlust führen. Dies gilt insbesondere, wenn eine Pflicht für Maßnahmen erlassen wird, deren Sinnhaftigkeit zweifelhaft und/oder nicht nachvollziehbar ist, wie zum Beispiel eine Maskenpflicht im Freien.“

(Bericht des Sachverständigenausschuss nach § 5 Abs. 9 IFSG, S. 66)

Noch am 2.12.2021 urteilte das Verwaltungsgericht Münster, dass das Tragen der Maske im Freien eine geeignete, erforderliche und angemes­sene Maßnahme sei.

Für mich ist eine Erfahrung aus der Corona-Zeit, dass vage Prognosen und Hypothesen als Begründungen zur Einschränkung unserer Grund- und Freiheitsrechte vollkommen ausreichen und dass das Agieren der staatlichen Exekutive keiner nennenswerten Kontrolle unterliegt, außer vielleicht durch die öffentliche Meinung. Doch wer kontrolliert die öffentliche Meinung? Ist es die Vernunft? Nach alledem habe ich da so meine Zweifel.

Herzliche Grüße,
Dr. Matthias Hartermann

PS: Im Nachgang zur Maskenpflicht im Freien teilte mir die Polizeistelle Münster in einem Schreiben am 22.7.2022 mit, dass „der zuständige Richter sämtliche von der Bußgeldstelle Münster zur Entscheidung abgegebene Coronaverfahren nach § 47 OWiG eingestellt hat“. Na immerhin. Von Rückerstattungen bereits gezahlter Bußgelder oder anderen Formen der Wiedergutmachung gegenüber den Betroffenen zweifelhafter und nicht nachvollziehbarer Corona-Maßnahmen der Stadt Münster habe ich hingegen bisher nichts gehört.